Aktivurlaub
Sportliche Autos gibt es im Volkswagen Konzern nicht nur bei VW mit den „R“-Modellen, sondern auch bei der spanischen Tochter Seat. Wer dann auch noch auf schnittiges Design steht, ist bei dieser preisbewussten Lifestyle-Marke im Konzern genau richtig.
Die sportiven konzerninternen Gegner heißen bei Seat „Cupra“ und stehen für die Top-Motorisierten Modelle. Als letztes Jahr der neue Leon Cupra 280 die Nordschleife des Nürburgrings in 7:58 Minuten umrundete, als erster kompakter Fronttriebler überhaupt, setzte Seat nicht nur im Konzern ein Ausrufezeichen.
In diesem Jahr legt Seat nach und präsentiert den Leon Cupra ST, die Kombiversion des Ringsportlers für eilige Mütter und Väter, der ebenfalls eine 7:58’er Zeit in den Traditionsasphalt radierte.
Gebaut sind die Cupra Modelle als „Zwei Wagen in Einem“-Prinzip. Im Alltag ein normaler Kompakter und wenn man mal Lust auf ein paar schnelle Fahrsequenzen hat, dort wo es erlaubt ist, soll er per Knopfdruck die Attribute eines Sportlers haben. Ob der Spagat zwischen entspanntem Citytrip zur Lounge und Rennwagen passt, „erfahren“ wir heute.
Und wo kann man das besser machen als in einem Land wo es beides gibt, Lounge und Rennstrecke und man dann auch noch spanisch spricht. Genau, auf Mallorca, zwischen den Boulevards von Palma und dem Circuit Mallorca, dort wo viele Urlaub machen.
Für unsere Fahrt nehmen wir heute aber nicht den brandneuen Kombi, bei Seat „ST“ genannt, tcr series
sondern die 3-Türer Version mit allen Optionen. Warum ist das so? Weil auf der Rennstrecke kein geringerer als Jordi Gene auf uns wartet, der solch einen Wagen in der TCR Series berufsmäßig einsetzt. Allerdings hat sein Cup Racer 50 PS mehr als unser Testwagen, mit der 2.0 TSI Maschine mit Dual-Einspritzung und variablem Ventilhub, unter der Haube. Die Modellbezeichnung Cupra 280 verrät es auch außen, satte 280 PS liefert das Triebwerk, ausschließlich an die Vorderachse.
Den Berufs-Nörglern die nun wieder kommen und sagen, „Bei dieser Leistung und nur als Frontantrieb, das zerrt doch bestimmt die ganze Zeit wieder unangenehm am Lenkrad“, sei gesagt, die Seat Ingenieure haben dieses übliche Manko ad Acta gelegt. Das Lenkrad liegt absolut ruhig und nur bei brutalem Einsatz des Gaspedals, kommt ein leichtes Ziehen am Lenkrad auf. Selbst auf der Rennstrecke bei vollem Einsatz, bleibt das Lenkrad ausgesprochen neutral in der Hand.
Bevor wir uns mit den „normalen“ Cupra-Modellen aufhalten, es gibt auch eine Motorversion mit 265 PS, Versionen mit manuellem Getriebe, steigen wir gleich mal ins absolute Leon Cupra Topmodell ein.
Ok, der große Motor mit 280 PS ist ja schon geklärt, dazu das „Cupra Top Performance Paket „Orange“ Michelin Pilot Sport Cup 2““, das beinhaltet für 4.620 Euro exklusive 19-Zoll-Felgen (wahlweise in schwarz oder orange) sowie seitliche Schwellerleisten und Semi Slicks. Etwas weniger Hardcore geht das kleinere „Performance Paket“ schon bei 2.530 Euro los. Mit dem enthaltenen enthaltenen neuen Farb-Paket, Black Line, White Line oder besser, wie in unserem Fall, orange Line, dokumentiert der Cupra 280 seinen exklusiven Lifestyle-Touch nach außen, der auch auf der Münchner Maximilianstraße „en vogue“ sein dürfte.
Weniger Spielerei, mehr knallharter Race-Ernst ist die beim Performance-Paket serienmäßig verbaute Vierkolben-High-Performance-Bremsanlage von Brembo mit gelochten Bremsscheiben im Format 370×32 Millimeter. Wie gut die zupacken erleben wir bei unserer Hatz über die Rennstrecke. Soweit alles ok, aber wenn Jordi Gene im Führungsfahrzeug sitzt und man denkt, „Na komm, die Pace kann ich schon mitgehen“, irrt man sich auch mal, wenn plötzlich die 180 Grad Kurve doch schneller vor einem erscheint als man es so dachte. Voll rein in die Bremsen, so dass die vier Kolben der Bremboanlage die Bremsscheibe so fest umschließen, wie sonst nur die Hand eines Wrestlers den Gegner. Die Elektronik des Leon Cupra muss nun auch alles beweisen, schickt Impulse über zahlreiche Leiterbahnen quer durchs Auto und irgendwie passiert … Nichts. Der Cupra 280 schiebt nur ganz leicht über die Vorderräder. Ok, wir haben zusätzlich die optionalen Semi-Slicks montiert und sind vorher durch eine Strecken-Berieselungsanlage gefahren, ansonsten hat die Elektronik alles im Griff und der Leon Cupra zieht wie an der Schnur gezogen durch die Kurve. Oder war es doch Fahrkönnen? Nein, sind wir ehrlich, der Cupra 280 ist derart gut austariert, dass er jederzeit gut zu beherrschen ist und wenn das Talent mal ausgeht, hilft die Elektronik perfekt. Gut das die Ingenieure direkt so viele Assistenz- und Sicherheitssysteme an Bord gepackt haben. Selbst im „Cupra-Modus“, es gibt auch noch „Sport“ und „Comfort“, ebenso wie „Individuel“, lässt einem der Wagen nicht im Stich, sollte man mal den Bogen überspannen.
Der Einstieg in die Cupra-Welt beginnt bereits bei 31.320 Euro. Dafür gibt es neben 265 PS, Voll-LED-Scheinwerfer, adaptive Fahrwerksregelung DCC auch die Vorderachs-Differenzialsperre serienmäßig. Der von uns gefahrene Cupra 280 startet bei 32.620 Euro.
Seat hat den äußerst schwierigen Spagat Rennauto-Alltagsgefährt sehr gut geschafft. Nach der Hatz über den Circuit Mallorca lassen wir es im „Komfort-Modus“ entspannt angehen. Ohne nervöses Zucken des Motors und ohne nervigen Power-Sound, der bei Drücken der Sporttaste aber wunderbar sonor am Start ist, rollen wir über einsame mallorquinische Landstraßen zurück in eine Lounge in Palma. Aber nicht auf einen „Cupra“-Libre, dann doch ein Wasser.
Vielleicht, wenn die Sonne über dem Meer langsam versinkt und die Insel in ein emotionales Licht hüllt, machen wir noch etwas „Cupra-Sport“ im bergigen Hinterland.
Text: Bernd Schweickard
© Foto: Seat (), Bernd Schweickard